So, nun ging es also doch früher als erwartet wieder in die USA. Nachdem es bis Mitte September noch so aussah, dass ich erst im Januar nach Sheppard gehen würde, erhielt ich im Truppenpraktikum beim JG 71 in Wittmund einen Anruf, dass ich doch bitte schnellstmöglich nach Fürstenfeldbruck kommen sollte, ich würde jetzt doch Anfang Oktober abfliegen, da ein anderer kurzfristig ausgefallen sei. Nach den noch ausstehenden medizinischen Checks ging es dann mit Nicole erst mal eine Woche in den zuvor schon gebuchten Urlaub nach Kanada um meinen Onkel Heiner und Lebensgefährtin Marleyne zu besuchen. Es war eine kurze, aber sehr schöne Woche und gab Cole und mir auch noch mal Zeit einmal durchzuschnaufen und sich auf die kommende Trennung vorzubereiten. Zurück in Deutschland musste ich dann noch einmal nach München um letzte Formalitäten zu erledigen und schließlich nach einem letzten, langen Wochenende in der Heimat wieder runter um ab München nach Dallas aufzubrechen.
Der Flug war ruhig, auch wenn das zweimalige Umsteigen in Amsterdam und Minneapolis ein wenig nervig war. Aber die Flughäfen waren übersichtlich und gut organisiert, kein Vergleich zu dem chaotischen Charles-de-Gaulles-Erlebnis vom Flug nach Kanada. In Dallas wurden wir dann nach knapp 20 Stundne von einem kleinen Kommittee in Empfang genommen und mussten dann noch knapp drei Stunden im Van nach Wichita Falls fahren. Auf dem Weg bekamen wir schon einen Eindruck von der Gegend - tote Hose! In der Base wurden wir mit Pizza von den "alten" Crews in Empfang genommen, allerdings hatten die uns etwas früher erwartet, so dass die Pizza kalt war. Das Bier zum Glück auch und eigentlich wollten wir eh nur noch ins Bett.
Die erste Woche war nur kurz und das Wochenende dank des Columbus Days gleich ein langes. Mit einer Gruppe von 14 Leuten brachen wir daher nach Dallas auf. Neben der Aussicht von etwas Party am Abend wollten wir auch nach Autos gucken und bei IKEA erste Einrichtungsgegenstände besorgen. Nach dem obligatorischen Hot Dog-Essen und um einige Dollar leichter buchten wir uns dann ins Hotel ein. Da auf Grund eines College-Football-Games alle "normalen" Hotels ausgebucht waren, hatten wir uns ins Gaylord Hotel eingebucht - ja, kaum zu glauben, so ein Name im ultra-konservativen Texas. Aber ist wohl ein normaler Vorname... Das Hotel selber war beeindruckend, erinnerte ein wenig an die Vegas-Paläste. Im Inneren war eine komplette Landschaft mit Fluss, Gebirge und Wasserfall aufgebaut. Eigentlich schade, dass wir nur zum Schlafen da waren. Abends hatten wir einen Tisch im Club reserviert. Mussten da also schon mal 800 Dollar bezahlen. Als dann nach einer Stunde die beiden Flaschen Wodka leer waren, wollten die uns da glatt wieder rausschmeißen! Mussten also noch eine Flasche für weitere 400 Dollar bestellen. Gleich unsympathisch aufgefallen die Texaner. Schlimmer wurde es aber noch, als wir losfahren wollten. Da hätte uns einer der zahlreichen Polizisten beinahe in den Knast gesteckt, weil wir seiner Meinung nach zu lange gebraucht haben, um in unseren Van einzusteigen. Die spinnen die Römer!!!
Die folgende Woche war dann vor allem von Admin-Kram geprägt - ID-Karte besorgen, hierhin laufen, dahin laufen und nach Autos gucken. Gar nicht so einfach, günstige Autos zu finden! Schließlich ging es dann mit unserem Kurs los und auch da mussten wir erst einmal durch den langweiligen Pflichtteil, in dem sich jeder, der etwas zu sagen hat, erst einmal vorstellen musste. Muss allerdings sagen, die Chef's hier haben schon eine gewisse Ausstrahlung. Ist aber wohl auch ein besonders begehrter Platz als Amerikaner hier bei ENJJPT, ist für die quasi die Eliteschule. Nur knapp 10% der amerikanischen Piloten werden hier ausgebildet und die Wahrscheinlichkeit für die 10% einen der begehrten Fighter-Cockpitplätze zu bekommen ist deutlich höher als an den anderen Bases. Irgendwann hatten wir auch diese Phase überstanden und haben die ersten Unterrichte in Aerospace Physiology bekommen. Dort haben wir wieder einmal gelernt, dass Fliegen für Menschen eigentlich überhaupt nicht gesund ist und wir eigentlich alle sterben müssten. Zum Glück haben sie uns dann auch beigebracht, was wir machen müssen, damit wir gerade das eben doch nicht machen. Am lustigsten war eigentlich das Üben des sogenannten Parachute Landing Falls. Man sollte es nicht glauben, aber die meisten Verletzungen bei der Benutzung des Schleudersitzes passieren bei der Landung am Boden. Wäre ja echt blöd, wenn man den Ausschuss überlebt, aber sich dann bei der Landung das Genick bricht. Daher durften wir uns alle im Kreis aufstellen und das Hinfallen üben. Als wir das dann halbwegs konnten, mussten wir dann von kleinen Podesten runterspringen und am Ende wurden wir von einem kleinen Turm geschmissen. War ganz lustig und hat wirklich viel Spaß gemacht. Am Wochenende waren wir dann einmal in Wichita Falls unterwegs und haben gleich zwei der drei Bars hier ausprobiert. Allerdings eher unfreiwillig, denn aus der ersten wurden wir rausgeschmissen, weil - ja, eigentlich weiß das keiner so genau. Und es war kein Sprachproblem, unsere amerikanischen Mitschüler haben es auch nicht verstanden. In der nächsten Bar wurden wir dann auch wieder rausgeschmissen, weil wir doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen haben, in einer Gruppe Jungs auf der Tanzfläche zu tanzen und die Regeln des Besitzers sagen, dass man nur mit Frauen tanzen darf! Welcome to Texas! Noch 55 Wochen bis zur Graduierung!
Nach den noch eher spaßigen Aerospace Physiology Unterrichten geht es jetzt langsam los mit den eher langweiligen Academics-Einheiten. Die werden dadurch noch schlimmer, dass wir einen Großteil davon am Computer machen müssen. Je schneller man klicken kann, um so eher ist man fertig. Das ist der Vorteil. Der Nachteil ist, dass man gelegentlich mit der Stirn auf die Tastatur knallt... Am letzten Wochenende haben wir dann bei der Assignment Night der Vorgänger-Klasse geholfen. Die sind jetzt quasi fertig mit dem Programm und haben dann ihre zukünftigen Flugmuster mitgeteilt bekommen. Für die Europäer ist das keine große Überraschung, aber die Amerikaner können wirklich von der alten B-52 bis hin zur F-22 alles bekommen. War eine ganz nette Motivation, das schon einmal zu sehen. Noch 54 Wochen!
An diesem Wochenende hatten wir dann noch ein Farewell Dinner der deutschen Kräfte. Da wurden dann in einem feierlichen Rahmen mit vielen Reden die Leute verabschiedet, die nach Deutschland zurückgehen. Das Essen war lecker, der Rest hat mich jetzt nicht so begeistern können. War aber auch noch ein bisschen geschafft, weil wir am Vorabend lange auf einer Halloween-Party unterwegs waren und ich dann am frühen morgen mit drei Ami's aus meiner Klasse auf eine Rennrad-Tour gegangen bin. War nur kurz, aber mir hats gereicht. Ist doch schon eine Weile her. Bis nächstes Jahr muss das besser werden, gibt hier nämlich ein Radrennen im August - Hotter'N Hell. 100 Meilen in der brütenden texanischen Sommerhitze! Zum Glück ist es bis da noch ein bisschen hin. Morgen ist ein eher kurzfristiges Ziel die erste Prüfung zu bestehen, der erste Systems-Test steht auf dem Plan. Und danach folgen die weiteren Prüfungen in kurzen Abständen. Werde daher wohl leider nicht so viel zu schreiben haben und kann leider auch nicht wirklich mit Fotos dienen. Wer bei Facebook mal guckt, der kann ein paar Bilder sehen, die unser Klassenfotograf gemacht hat. Vielleicht kann ich ihn ja auch noch überzeugen, das ganze Album mal freizugeben...
Noch 53 Wochen!
Oh, mittlerweile haben wir übrigens alle ein Auto gefunden. Hier mal die Galerie:
Ihr dürft alle mal raten, welches meiner ist. Ein Tipp: Es passt ein Rennrad rein. ;)
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